Von Jörg Radek, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei
Seit den Anschlägen in Paris und Brüssel 2015 ist der internationale Terrorismus im Herzen von Europa angekommen – seit den Terroranschlägen 2016 in Würzburg, Ansbach und zuletzt in Berlin auch in Deutschland.
Der Arbeitskreis II der Innenministerkonferenz hatte von dieser bereits im Januar 2015 den Auftrag erhalten, das Gefährdungspotential zu analysieren und daraus erforderliche Gegenmaßnahmen zu beschreiben. Ende 2015 wurden diese Empfehlungen verabschiedet. Ziel sollte es sein, Unbeteiligte zu schützen, Opfer zu bergen oder retten und die Wirkungen der Täter zu unterbinden oder zumindest einzuschränken. Parallel wurde als Reaktion auf die neue Dynamik möglicher gleichzeitiger Lagen die Aufstellung von BFE+ Einheiten beschlossen und umgesetzt. Darüber hinaus wurden Konzepte entwickelt, wie sogenannte komplexe, lebensbedrohliche Einsatzlagen zu trainiert und beherrscht werden können.
Ein erster Praxistest war die Vollübung am Leipziger Hauptbahnhof. Das Szenario eines Anschlags wurde dabei äußerst realitätsnah dargestellt: Schüsse, Detonationen, Darstellungen von Verletzten und Opfern, ihre Schreie um Hilfe, Panik. Die erste Phase, die „Chaosphase“, verursachte bei allen Beobachtern ein beklemmendes Gefühl.
Als Erste am Ereignisort: eine Doppelstreife, ausgestattet mit Schutzweste und Pistole. Die Übung zeigte hier besonders eindrücklich, dass die zu treffenden Maßnahmen nur unter Inkaufnahme eines hohen Risikos durchgeführt werden können. Die Doppelstreife entsprach mit ca. 44 Jahren auch fast dem Altersdurchschnitt der Bundespolizei. Im zweiten Schritt folgten die Kräfte einer MKÜ und Kräfte aus Sachsen am Einsatzort.
Es muss uns klar sein, das es Dienststellen gibt, in denen die Tagesstärke nur zur Darstellung einer Übung reicht. Die Menschen in der Bundespolizei erleben eine Diskrepanz zwischen der Beschreibung der Bedrohung für die zivile Bevölkerung und damit auch für die Polizei und Rettungsdienste auf der einen und dem tatsächlichen Schutz von jenen, die zur Rettung und Bekämpfung berufen sind, auf der anderen Seite.
Die Bestrebungen der Bundespolizei gehen zwar in die richtige Richtung, sind jedoch nicht konsequent genug. Die Gründungsidee von Gewerkschaften war der Arbeits- und Gesundheitsschutz. Dieser Schutz beginnt bei der persönlichen Schutzausstattung mit Westen, Helmen und Schilden und geht einher mit einer verbesserten Bewaffnung und sondergeschützten Fahrzeugen. Alle Konzepte bedürfen darüber hinaus geeigneter Trainingsstätten.
Derzeit gibt es noch viel Luft nach oben, was die Ausgestaltung der Fürsorgepflicht des Dienstherren anbelangt. Es wäre fatal, sollte der Eindruck von Gleichgültigkeit bei denen entstehen, die rund um die Uhr den Kopf hinhalten. Wenn durch mangelhafte Kommunikation keine Transparenz über Entscheidungsabläufe, Meinungsbildungsprozesse oder Beschaffungsmöglichkeiten hergestellt wird. Es ist zwar eine Phrase, aber offensichtlich nötig: Transparenz schafft Akzeptanz von Entscheidungen. Die Zufriedenheit mit persönlich verfügbaren Ausrüstungs- und Arbeitsmitteln ist ein nicht zu unterschätzender Wert.
Darüber hinaus muss die Polizei zur Bewältigung derartiger Lagen im Verhalten befähigt und mit der Ausstattung auf der Höhe der Zeit sein. Wir waren bisher in der Bundespolizei stolz auf die Entwicklung zu einer zivilen und bürgernahen Polizei, eine Errungenschaft, die wir nicht preisgeben sollten. Diese Haltung schließt jedoch nicht aus, sich situationsbedingt robust agieren zu können. Das Risiko für unsere Kolleginnen und Kollegen kann nur mit robustem Schutz gemildert werden. Denn wer am stärksten im Risiko steht, muss auch am stärksten geschützt werden. Dafür setzen wir uns ein!
Source: RSS aus GdP Bundespolizei