Gewerkschaft der Polizei stellt „Studie zur Berufszufriedenheit bei der Bundespolizei“ vor: Witthaut: „Chronische Überlastung in Bundespolizei muss unverzüglich gestoppt werden“

kopie-von-scheuringj26106-1304cd913300.jpgEine tiefe Unzufriedenheit von Bundespolizistinnen und Bundespolizisten mit ihren beruflichen Bedingungen zeigt das Ergebnis einer von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) heute in der Berliner Bundespressekonferenz vorgestellten Studie der Technischen Universität Chemnitz. Vor allem die hohe Belastung durch Überstunden und Schichtdienste, geringe Karrierechancen sowie die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen im Zentrum der Kritik der mehr als 4.700 Beschäftigten, die an der von der GdP-Bundespolizei im Frühjahr 2010 in Auftrag gegebenen „Studie zur Berufszufriedenheit in der Bundespolizei“ teilgenommen haben. Eine deutliche Mehrheit der Befragten würde sich nicht noch einmal für den Dienst bei der Bundespolizei entscheiden.

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Ergebnisse sei es dringend geboten, nun schnell gegenzusteuern. Die Unzufriedenheit der Beschäftigten dürfe sich keineswegs weiter verfestigen. Die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit, so forderten GdP-Bundesvorsitzender Bernhard Witthaut, der Vorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Josef Scheuring sowie der Chemnitzer Studienleiter Prof. Dr. Gerd Strohmeier, müsse zum Organisationsziel der Bundespolizei werden.

GdP-Bundesvorsitzender Bernhard Witthaut: „Die deutlich sichtbare Unzufriedenheit unserer Kolleginnen und Kollegen der Bundespolizei mit und in ihrem beruflichen Alltag hat die GdP nicht überrascht. Die Studie untermauert indes die jahrelange Kritik der GdP an steigenden Aufgabenlasten, die immer weniger Beschäftigte schultern sollen. Zunehmender Sozialabbau und unaufhörliches Reformieren von Organisationsstrukturen zu Lasten unserer Kolleginnen und Kollegen verstärken zudem die Verdrossenheit.“

Dies, so Witthaut weiter, gelte keineswegs nur für die Beschäftigten der Bundespolizei. Das Studienergebnis bewerte die GdP als exemplarisch für den Gesamtzustand der deutschen Polizei.

 

 

Unaufhörliches Reformieren sorgt für Unzufriedenheit: Bernhard Witthaut vor der Berliner Bundespressekonferenz. Links im Bild: Josef Scheuring, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei und der Leiter der Pressekonferenz, Nick Leifert (r.).

Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich, so Witthaut und Scheuring, sei nun gefordert, mit gutem Beispiel voranzugehen und die Verbesserung der Berufszufriedenheit in der Bundespolizei zur Chefsache zu machen. Witthaut: „In seinem Grußwort anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Bundespolizei Mitte März hatte Minister Friedrich gesagt, die Stärke der Bundespolizei liege bei ihren Beschäftigten. Darin kann ihm die GdP nur uneingeschränkt zustimmen. Diese Stärke kann aber sehr schnell Schaden nehmen, wenn der Arbeitgeber Motivation und Engagement seiner Beschäftigten nur annimmt, aber nichts zurückgibt.“

 

Mit der Absage an die noch von seinem Amtsvorgänger Dr. Thomas de Maizière geplante Fusion von Bundespolizei und Bundeskriminalamt habe der neue Bundesinnenminister aber direkt einen Vertrauensvorschuss erhalten, sagte Witthaut. Offenbar mit dem richtigen Gespür einerseits für die Stichhaltigkeit besserer Argumente und andererseits für die Ängste und Sorgen der Polizeibeschäftigten bei BKA und Bundespolizei habe er in den Reihen der Beschäftigten gepunktet. Der GdP-Bundesvorsitzende: „Unsere Kolleginnen und Kollegen erwarten nun, dass dies keine Eintagsfliege war und der Minister nahe an seinen Beschäftigten und ihrer Personalvertretung bleibt.“

Josef Scheuring, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei ergänzt: „Polizeiarbeit ist eine anspruchsvolle Arbeit, die durch Menschen und für Menschen gemacht wird. Die Bundesregierung muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass die Bundespolizei aus mehr als 40.000 Menschen besteht. Die Bedürfnisse dieser Menschen muss die Politik bei ihren Überlegungen zur Bundespolizei in den Mittelpunkt rücken.“ Das derzeitige Verhalten der Bundesregierung, so Scheuring, gegenüber den Interessen der Beschäftigten der Bundespolizei werde von den Kolleginnen und Kollegen eher als ständige Bedrohung denn als fürsorglicher Umgang wahrgenommen. Dies spiegele die Strohmeier-Studie, die ja eher als „Berufsunzufriedensheitsstudie“ bezeichnet werden müsste, deutlich wider. Scheuring: „Allein die Tatsache, dass in der Bundespolizei mehr als zehntausend Beschäftigte in unteren Besoldungsämtern festhängen, ist längst nicht mehr akzeptabel. Der Polizeiberuf stellt heute deutlich höhere Anforderungen als es das Netto dieser Kolleginnen und Kollegen am Monatsende ausdrückt.“

Zentrale Kritikpunkte der Bundespolizei-Beschäftigten in der Übersicht:

Massive Belastung:

 

  • Gut drei Viertel (76,2%) bewerten den dienstlichen Belastungsgrad als hoch bzw. sehr hoch – und nur gut ein Zehntel (11,5%) beurteilt die Möglichkeit zum Ausgleich der dienstlichen Belastung als gut bzw. sehr gut.
  • Eine besonders starke Belastung ergibt sich aus den Wochenenddiensten, der Mehrarbeit und dem Schichtdienst. So bewerten mehr als vier Fünftel (83%) der Betroffenen die (physische und psychische) Belastung durch den Schichtdienst als groß bzw. sehr groß.
  • Ebenfalls sehr stark ist die Belastung durch lange Abordnungen in andere Behörden und Regionen sowie durch die heimatferne Verwendung. So bewerten knapp neun von zehn (87,3%) der Betroffenen die Belastung durch die heimatferne Verwendung als groß bzw. sehr groß.

Berufliche Rahmenbedingungen: