Nachbetrachtung und Aufarbeitung des G 20 – Gipfel

Über einhundert verletzte Einsatzkräfte allein in der Bundespolizei, insgesamt fast fünfhundertmal Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit von Polizistinnen und Polizisten: So die traurige Bilanz des Einsatzes aus Anlass des G20-Gipfels. Allen verletzten Kolleginnen und Kollegen wünschen wir von Herzen, dass sie bald und vollständig genesen.  

Dieser Einsatz bedarf der sorgfältigen Nachbetrachtung und vor allem Verbesserungen in vielen Bereichen. Auch in Bereichen, die viel mit dem allgemeinen Verständnis von Gesellschaft, Politik, Staat und Polizei zu tun haben. 

Bei der Polizei Hamburg gehen derzeit zahlreiche Dankeskarten, Blumen und Geschenke als Ausdruck der Sympathie der Bürgerinnen und Bürger für „ihre“ Polizei ein. Wir sollten diesen Rückhalt für unseren Berufsstand dankbar annehmen. Die Wertschätzung unserer Arbeit in der Bevölkerung, die uns die Umfragewerte schon immer bestätigen, hier wird sie spürbar.  

Kein anderer Beruf wird in Deutschland bei der Arbeit so öffentlich beobachtet, wie der der Polizei. Umkehrt ist die Polizei auf die gesellschaftliche Akzeptanz angewiesen.  

Doch häufig erleben wir (öffentliche) Bewertungen zum polizeilichen Vorgehen ohne rechtsstaatliche Grundkenntnisse. Es scheint grundlegende Verständnisprobleme zu geben, zum Beispiel bei der Frage, dass Polizei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützt. Ist dies mit Auflagen verbunden und wird dagegen verstoßen, setzt Polizei das Recht durch. Im Regelfall nicht „hart“; sondern konsequent. In der Gewaltenteilung unseres Staates ist dies so vorgesehen. In einem komplexen Sachverhalt einer Demonstration plus Staatsbesuche muss vorher transparent sein welche Rolle wer hat. Der Anmelder einer Demo, die Genehmigungsbehörde, das Verwaltungsgericht und auch die Polizei.

 Es sind die politischen Parteien, die Ideen vom gesellschaftlichen Miteinander entwickeln. In Hamburg hat dies eine besondere Entwicklung über die Auseinandersetzung um die Häuser in der Hafenstraße, der fast dreißig jährige parteiübergreifenden Duldung von alternativen Wohnprojekten bis „Roten Flora“. Jeder, der nun die Schließung der „Roten Flora“ fordert, sollte sich erinnern: Wir waren in den 1980er Jahren schon mal aus vergleichbaren Anlass in der Stadt und das offenbar ohne Erfolg, wie Wochenende für Wochenende die Reeperbahnbesucher in der Hafenstraße besichtigen können.  

Unsere Gesellschaft ist demokratisch organisiert. Das staatliche Gewaltmonopol übt die Polizei aus. Das sollten eigentlich nicht nur jene wissen, die für die sinnlose Zerstörung verantwortlich sind, sondern auch jene, die den Zerstörern Unterschlupf oder eine politische Heimat bieten. 

Es ist auch richtig, dass sich das staatliche Gewaltmonopol im Schanzenviertel in der Nacht von Freitag zeitweise nicht durchsetzen ließ. Es galt zwischen der Plünderung von Vermögenswerten und dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Kolleginnen und Kollegen abzuwägen, die zu diesem Zeitpunkt unter einem erhöhten Risiko für Leib und Leben versuchten, brennende Barrikaden zu räumen nur um heimtückisch unter den Beschuss durch Zwillen, Molotowcocktails oder Gehwegplatten zu geraten. Hier galt es nicht in den Hinterhalt zu geraten.  

Wichtig ist insgesamt, dass eine staatliche Reaktion auf die Kriminellen nicht ausblieb. Die Festnahmen sind Beleg dafür. Die juristische Beurteilung ist nicht Sache der Polizei.

Die Krawalle um den Gipfel sind keine Blamage für die Demokratie. Gipfeltreffen dieser Art finden auch als Kulisse statt. In Demokratien sollten solche Treffen möglich sein. Die Risiken und Nebenwirkungen waren durch die Vorgängertreffen bekannt. Vergleiche mit Bürgerkrieg sind auch deshalb schon deplatziert. Bereits der Protest bei den Treffen in Seattle 1999, Genua 2001, Heiligendamm 2007 oder Straßburg 2009 waren eskaliert. Einzig Elmau 2015 „fiel ins Wasser“: Die Camps spülte wolkenbruchartiger Regen fort. 

Das urbane Umfeld einer Metropole in Hamburg bietet Chancen und Risiken. Letztere waren bekannt : Vom verwaltungsbekannten Anmelder von Demonstrationen, den Rückzugsräumen der  Gewalttäter und dem politischen Rückhalt von Teilen der Bürgerschaft. Vor der Entscheidung für Hamburg als Kulisse für die Großen und Mächtigen, waren die Szenen schon geschrieben.  

Geblieben ist der Streit um die Anerkennung der geleisteten Arbeit. In der Vergangenheit aus Anlass vergleichbarer Grosslagen, zeigt sich überdeutlich, wie spitzfindig kleinkariert „der“ Staat mit seinen treuesten Dienern umgeht. Ohne die gegenseitige Unterstützung der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern kann Außerordentliches nicht geleistet werden.  

Die Lage in Hamburg war etwas Besonders, ob die hohe Wertschätzung der Polizeiarbeit dort anhält, muss sich im Alltag beweisen.

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Source: RSS aus GdP Bundespolizei